8. Mai 2024

Global Goal: Keine Armut – Armut in all Ihren Formen und überall bekämpfen

„Wir können die erste Generation sein, der es gelingt, die Armut zu beseitigen.“ ~ Ban Ki-moon, UN-Generalsekretär von 2007 bis 2016

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Mit dem Beginn des Schuljahres 2023/24 startete bei uns das Projekt "SMS for the future - exploring sustainable development goals". Dadurch erhielten die Schüler und Schülerinnen der Freien Studien (FS) in den achten Klassen die Möglichkeit die Global Goals, also die Ziele für nachhaltige Entwicklung kennen zu lernen, das eigene Wirken in der globalen Welt besser zu verstehen und für andere Schüler und Schülerinnen der Schulgemeinschaft zugänglich zu machen.

Zwischen August 2023 und Dezember 2023 wurden im Rahmen des Projekts die Global Goals eins bis vier thematisiert und mit Unterstützung von Konrad Potthoff und Thomas Leibe in Texten aufbereitet. Die Ergebnisse des Projekts werden im Folgenden in einzelnen Artikeln auf der Homepage der Sankt Mauritius-Sekundarschule veröffentlicht.


Teil II: Keine Armut


Was hat es mit dem Global Goal "Keine Armut" eigentlich auf sich? Natürlich haben wir schon eine Vorstellung, was damit gemeint sein könnte, das Ziel sagt ja schon aus, dass es keine Armut geben soll. Das sehen wir natürlich genau so. Aber was beudetet das genau? Wo gibt es denn gegenwärtig Armut? Und was können wir tun, um das Ziel zu erreichen? Im Hintergrund dieser Fragen, dachten wir, es wäre sinnvoll Personen zu befragen, die sich mit dem Thema besonders gut auskennen. Vor diesem Hintergrund  haben wir verschiedene Pesronen angeschrieben und auch erklärende Antworte erhalten. Vielen Dank dafür!

Folgende Antwort erhielten wir von Nicola Wiebe - Sie arbeitet seit 2015 als Referentin für Soziale Sicherheit für „Brot für die Welt“. Ihr aktueller Arbeitsschwerpunkt ist der soziale Basisschutz. Die Politikwissenschaftlerin arbeitete nach ihrem Studium zunächst in der staatlichen und zivilgesellschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit. Dort war sie in den Bereichen Sozialpolitik und soziale Grunddienste tätig. In Forschungsvorhaben setzte sie sich mit Arbeitsmarktpolitik und Grundsicherung auseinander.

Wie können wir das globale Goal „Keine Armut“ erreichen?

„Die Menschheit kann die weltweite Armut überwinden und hat sich in der Agenda 2030 mit den SDGs sogar dazu verpflichtet. Der Weg ist damit beschritten, doch die Zeit drängt. Aus meiner Sicht braucht es für die Überwindung der Armut vor allem mehr Gerechtigkeit, also zum Beispiel gerechte Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Ländern, gerechten Handel und Steuergerechtigkeit (also z.B., dass internationale Unternehmen in den Ländern Steuern bezahlen, in denen sie produzieren). Es braucht viel mehr Einsatz gegen den Klimawandel, für den Schutz der Umwelt, der Vielfalt der Arten, für den Erhalt von fruchtbarem Land für die Landwirtschaft und Zugang zu Wasser für alle. Es braucht Umverteilung von Reichtum in Ländern und zwischen Ländern und eine Wirtschaft, die die Menschen wichtiger nimmt als hohe Gewinne. Und es braucht Frieden, auch weil gewalttätige Konflikte ein gigantischer Armutstreiber sind.“

~ Nicola Wiebe (Referentin für Soziale Sicherheit für „Brot für die Welt“)

Was sind ungerechte Wirtschaftsbeziehungen?

In Europa wird zu viel Hühnerfleisch produziert, aber jeder hat schon genug dann wird es in arme Länder wie Indien oder Ghana verkauft, weil die da sehr viel Hühnerfleisch essen, z.B. in Ghana wird im Jahr ungefähr 400.000 kg Hühnerfleisch aus dem Ausland geholt (also importiert). Aber in Afrika werden Hühner günstiger verkauft als in Europa, weshalb ich die Hühner für den halben Preis verkaufen muss, womit die Hühner Schlachter pleitegehen. (M. Klasse 9)

Es ist wichtig, weltweit gegen Armut zu kämpfen. Durchforstet man das Internet, findet man zu allen Themen viele Seiten. Doch ebenso wichtig ist es, dabei nicht zu übersehen, dass es auch in Deutschland, in Sachsen-Anhalt und auch in Halle Armut gibt. Streckenweise ist das so verwirrend, weshalb wir uns dazu entschlossen haben, Partner von der Praxis und Politik aus Halle anzuschreiben, und sie um ihre Meinung zu bitten. Die fertigen Anschreiben sahen folgendermaßen aus:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind von der Sankt Mauritius-Sekundarschule Halle (Klasse 8).

Wir arbeiten an einem Projekt namens „Global Goals“ mit dem Thema Armut. Wir würden Ihnen gerne dazu ein paar Fragen stellen.

-Unsere Fragen:

1. Wie viele Menschen sind in Halle (Saale) von Armut betroffen?

2. Was können wir dagegen unternehmen?

3. Was bedeutet es in Deutschland arm zu sein oder in Armut zu leben?

Mit Lieben Grüßen, die Schüler:innen der 8.Klasse  

Auch hierzu bekamen wir zahlreiche Antworten. Vielen Dank dafür:

Katharina Brederlow, Beigeordnete für Bildung und Soziales der Stadt Halle, beantwortete auf folgende Weise unsere Anfrage:

„Als arm gilt man als Folge verschiedener Faktoren: zum einen ist das Langzeitarbeitslosigkeit, Scheidung und in Folge alleinerziehend sowie Flucht und Migration. Letztlich ist Armut immer Einkommensarmut.

Kommunal ist dagegen wenig zu tun. Wir legen den Schwerpunkt auf einen guten Zugang zu Bildung und Ausbildung.

Armut bedeutet in Deutschland beengte Wohnverhältnisse, schlechte Wohnlagen, Bildungsarmut (z.B. keine Bücher zu besitzen) und kaum Zugang zu Sport- und Kulturangeboten zu haben. Daher gibt es das Bildungs- und Teilhabepaket, wodurch Familien unterstützt werden, damit ihre Kinder entsprechende Zugänge haben.“

~ Katharina Brederlow, Beigeordnete für Bildung und Soziales der Stadt Halle

Welch große Bedeutung Armut auch in unserem Land hat, wird im folgenden Brief beantwortet, den Barbara Höckmann. Präsidentin des Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) schrieb:

„Liebe Schülerinnen und Schüler der Sankt Mauritius-Sekundarschule,

ich freue mich, dass ihr euch für das Thema „Armut“ interessiert. Die meisten haben keine Ahnung, wie sehr Armut auch in Sachsen-Anhalt, und damit auch in Halle, verbreitet ist. In unserem Land sind 19,3 % der Menschen von Armut gefährdet. Das ist jeder fünfte! Und in Halle sind 26% der Kinder und Jugendlichen arm. Armut ist nicht selbst verschuldet, sondern schuld daran sind Rahmenbedingungen, die viele Menschen ausgrenzen und Ihnen keine Teilhabechancen ermöglichen (Arbeitsmarkt, Bildungssystem, Wohnungsmarkt und vieles mehr)

In eurem Leben spielt Bildung eine wichtige Rolle, und das ist gut so. Doch wenn man z.B. keine Chance hat einen Abschluss und eine gute Ausbildung zu bekommen, dann ist es schwer einen Beruf zu ergreifen und später genügend Geld zu verdienen, was es ermöglicht, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Auf vieles muss man dann in der Freizeit verzichten. Einkaufen wird zum Problem, aber auch keine Markenklamotten, kein Handyvertrag, kein Urlaub und am Ende des Monats reicht das Geld meist nur noch für Marmeladenschnitten.

Von Armut sind viele betroffen: Familien, Kinder, Alleinerziehende, Rentner, Menschen mit Migrationshintergrund…. Es könnte auch Euren Eltern und Euch passieren oder Euren Freunden. Die, die es getroffen hat, sieht man oftmals nicht. Sie können an vielen Aktivitäten mit anderen Menschen nicht mehr teilhaben (dazu fehlt das Geld), ziehen sich zurück, schämen sich, obwohl sie an ihrer Situation nicht selber schuld sind. Ich denke, dagegen muss man unbedingt etwas tun.

Wir brauchen z.B. eine unabhängige allgemeine Sozialberatung, Eine, zu der die Menschen ohne Hemmungen hingehen können und über ihre Ansprüche beraten werden. Um das auch wirklich zu bekommen, was ihnen tatsächlich an Sozialleistungen zusteht. Ganz viele trauen sich nicht zu den Ämtern oder werden abgewiesen, nicht richtig beraten und kriegen nicht das was Ihnen zusteht. Das ist bitter, denn dann fehlt oftmals sogar das Geld für Essen, Miete oder Kleidung. Und wir müssen natürlich all die Rahmenbedingungen verändern, die Armut verursachen. Um der ganzen Gesellschaft bewusst zu machen, wie wichtig dieses Thema Armut ist, hat sich nun ein Bündnis von 30 Organisationen zusammengeschlossen. Dieser Tage treffen wir uns auf einer ersten Landesarmutskonferenz. Wir alle wollen dafür sorgen, dass von der Landesregierung mehr für Menschen, die von Armut betroffen sind, getan wird.

Betroffene sollen zu Wort kommen, Mitarbeiter der Organisationen aber auch Wissenschaftler. Damit alle erfahren, wie wichtig es ist, Armut zu bekämpfen denn nur so entsteht eine sozial gerechtere Gesellschaft! Wir alle, auch Ihr, können dazu beitragen, dass es in unserer Gesellschaft mehrt Gerechtigkeit und Solidarität gibt.“

~ Barbara Höckmann, Präsidentin des Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt

Und Christoph Röbel von der CDU-Fraktion schrieb:

„Es gibt viele Ansätze, die Nachteile, die die armen Kinder haben, auszugleichen. Halle und Deutschland fördern beispielsweise die Anschaffung von Büchern, die Nachhilfe, Klassenfahrten und die Mitgliedschaft im Sportverein über das Programm Bildung und Teilhabe.

Außerdem müssen wir die Kinder durch eine gute Erziehung in Familie, Kita und Schule stark machen, dass sie selbstständig für ein besseres Leben arbeiten können. Eltern können verschiedene Hilfe in Anspruch nehmen und Kita und Schule haben vielen Ansätze, damit die Kinder bestärkt werden, ihr Leben zu verbessern. Die Menschen müssen generell die Fähigkeit erlangen, selbst für sich sorgen zu können. Dafür trägt jeder auch eine eigene Verantwortung (Subsidiarität). Wir können nicht allein durch höhere Geldzahlungen an arme Menschen die Armut besiegen.

Im weltweiten Vergleich schneidet Deutschland gut ab. Das Armutsrisiko für junge Menschen in Deutschland ist auch deutlich niedriger als im restlichen Europa. In Deutschland arm zu sein bedeutet zwar, sich einschränken zu müssen und nicht an allen Aktivitäten teilnehmen zu können. Aber, es bedeutet nicht zu hungern, oder von allen ausgeschlossen zu sein. Da Deutschland aber einen sehr hohen Standard an Wohlstand hat und einen sehr großen Anteil der eingenommenen Steuern seiner Bürger für Sozialleistungen ausgibt, werden die Folgen von Armut abgefedert. Niemand ist per se von Bildung bzw. vom gesellschaftlichen Aufstieg oder von einer guten medizinischen Versorgung ausgeschlossen. Auch wenn jemand als armes Kind geboren wird, muss er keinesfalls auch als Erwachsener in Armut leben. Auch wer arm ist kann (kostenlos) in die Kita und zur Schule gehen, eine Ausbildung machen oder studieren und einen gut bezahlten Job bekommen. Dies unterscheidet Deutschland von anderen Ländern in der Welt.“

~ Christoph Röbel, CDU-Fraktion

 

Die Bekämpfung von Armut erfordert ein breites Spektrum an Maßnahmen auf globaler und lokaler Ebene. Von gerechteren Wirtschaftsbeziehungen bis zur Förderung von Bildung und Chancengleichheit - jeder Beitrag zählt. Als Schule sind wir dazu inspiriert, unseren Teil zur Verwirklichung des Global Goals "Keine Armut" beizutragen, sei es durch Aufklärung, Unterstützung benachteiligter Gruppen oder die Förderung von sozialer Gerechtigkeit. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten, eine Welt ohne Armut und Ausgrenzung zu schaffen.


Projektteam - SMS for the future/ Global Goals

Gefördert durch ENGAGEMENT GLOBAL mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

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