2. Februar 2024

Hilf mir mal!

Ich kann nicht alles. Meine Fähigkeiten und Möglichkeiten sind begrenzt. Und jetzt? Weitermachen so, als ob nichts gewesen wäre? Es gibt auch einen anderen Weg …

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Hilf mir mal!

Eine Momentaufnahme: Einer sitzt da und schaut mit verschränkten Armen dem zu, der sich neben ihm befindet. Dieser hält wohl das Handy seines Gegenübers in der einen und sein eigenes in der anderen Hand. Warum, weiß ich nicht. Ich kann auch nicht sagen, ob er jenem durch sein Tun helfen konnte, der wohl allein damit nicht weiterkam. Und jetzt?

Hilf mir mal!

Manchmal ist jede und jeder sich selbst die oder der Nächste. Es gibt Entscheidungen, die ich allein treffen muss. Niemand kann sie mir abnehmen. Ich muss selbst handeln. Oder nicht. Wie ich beispielsweise meinen (Schul-)Alltag gestalte, liegt an mir. Ob ich bereit bin, Neues zu lernen, hängt von mir ab. Zu wiederholen und zu vertiefen, was ich bereits kann, erweitert meine Fähigkeiten. Ob und auf welche Weise ich mich selbst aktiv im Unterricht einbringe, habe ich in der Hand. Aber was ich aus dem Gegebenen mache, kann nicht nur ich beeinflussen. Die, denen ich den Tag über begegne, haben ihren Anteil daran. Menschen, mit denen ich spreche oder anderweitig kommuniziere. Jene, die mich sehen, erleben, sich auf mich einlassen und fordern und fördern. In der Schule, Zuhause und anderswo.

Hilf mir mal!

Mir fällt es nicht immer leicht, andere um Unterstützung zu bitten. Weil ich dadurch zugebe, dass ich es allein nicht schaffe. Wenn und weil mir Fähigkeiten und Ressourcen fehlen, die andere haben. Gemeinsam und miteinander ist manches einfacher. Vier Augen sehen eben mehr als zwei. Das ist genauso einsichtig wie die Tatsache, dass zwei oder mehr Personen oft Größeres bewegen und bewirken können als eine oder einer allein.

Hilf mir mal!

„Ich kenne die Gedanken, die ich für euch denke – Spruch Gottes, des Herrn – Gedanken des Heils und nicht des Unheils, denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben. Ihr werdet mich anrufen und ihr werdet kommen und zu mir beten und ich werde euch erhören. Ihr werdet mich suchen und ihr werdet mich finden, wenn ich nach mir fragt von ganzem Herzen.“ (vgl. Jer. 29, 11-13). Was sich beim Propheten Jeremia im Alten Testament in der Bibel findet, kann mir Hilfe und für mich Unterstützung sein. Nur: Was mache ich? Zu welcher Zeit wende ich mich an Gott? Bete ich überhaupt? Ausschließlich, wenn ich nicht mehr weiterweiß oder nicht mehr weiterkann? Geht es mir nur darum, dass ich etwas bekomme, das ich noch nicht habe? Oder darf ich meinem Schöpfer nicht auch für all das danken, was ich geschafft, erreicht und verdient habe? Durch meine Fähigkeiten, meinen Fleiß, meinen Einsatz? Oder auch dadurch, dass ich den Mut hatte, mir helfen zu lassen von denen, die dazu bereit sind?

Hilf mir mal!

Manche Hilfe bekomme ich. Andere nicht. Gott ist kein Automat, bei dem ich oben das Geld in Form eines Gebetes hineinwerfe und unten das gewünschte Produkt herausholen kann. Das Gebet ist nicht wie eine Münze, mit der ich etwas kaufen kann. Im Alten Testament beim Propheten Jesaja findet sich dieser Satz: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken und meine Wege nicht eure Wege.“ (Jes. 55, 8). Gott ist niemand, der meine Fehler ausbügelt und geraderückt, was ich verbockt habe. Er ist kein praktisches Instrument für mich, das ich einsetze, wenn ich im übertragenen Sinn mit meinem Latein am Ende bin. Andererseits lässt er mich auch nicht – bildlich gesprochen – am ausgestreckten Arm verhungern. Vielfach findet sich aus gutem Grund in dieser oder ähnlicher Weise Folgendes in der Bibel: „Bittet und es wird euch gegeben, sucht und ihr werdet finden, klopft an und es wird euch geöffnet.“ (beispielhaft bei Mt. 7, 7). Wann und auf welche Weise ich die erbetete oder erbetene Hilfe von Gott bekomme, steht dort nicht. Ist es sinnvoll zu beten, wenn das Resultat meines Bemühens „ergebnisoffen“ bleibt?

Hilf mir mal!

Wenn ich mich an Gott wende, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass ich ausschließlich etwas haben möchte von ihm. Etwas, das mir fehlt, was ich vermisse und was hilfreich wäre in meinen Sorgen und bei meinen Problemen. Manchmal darf ich ihm auch danken für das, was ich erlebt und bekommen habe. Ist alles Zufall oder steckt doch jemand oder etwas anderes dahinter? Das mag jede und jeder für sich entscheiden.

Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger